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Aktuelles Semester

Seminar zum Digitalvertragsrecht, SP 1 und 8

10.62841

Dozenten

Beschreibung

Das Seminar widmet sich der Anpassung des Vertragsrechts an die Anforderungen einer zunehmend digitalisierten und vernetzten Wirtschaft. Ein besonderer Akzent liegt auf der Umsetzung der Richtlinie über digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen (DI-RL) im BGB. Das Kernstück des Umsetzungsgesetzes, der neue Untertitel 2a im allgemeinen Schuldrecht (§§ 327 ff. BGB), erfasst praktisch alle Verbraucherverträge über die „Bereitstellung digitaler Produkte“, einschließlich solche Verträge, unter denen die Verbraucher*innen sich nicht zu einer monetären Gegenleistung verpflichten, sondern mit ihren Daten „bezahlen“. In ihrer Bedeutung werden die mit der Richtlinienumsetzung verbundenen strukturellen Veränderungen im allgemeinen Schuldrecht des BGB gar mit der Schuldrechtsmodernisierung 2001/2002 verglichen. Es stellen sich zahlreiche komplexe Rechtsfragen im Schnittbereich zwischen dem europäisch determinierten und dem autonomen nationalen Recht. Zudem werden im Seminar ausgewählte Rechtsfragen des zunehmenden Einsatzes autonomer und selbstlernender Systeme („Künstliche Intelligenz“; machine learning) behandelt. Der häufig prognostizierte Aufstieg von selbstlernenden und vernetzten Technologien in unserer Gesellschaft und Wirtschaft dürfte die Instrumente und Methoden des Kontrahierens, die Vertragsdurchführung sowie die Sanktionierung von Vertragsbrüchen noch nachhaltig verändern. Zugleich wirft das Versagen autonomer Systeme (z. B. bei der ärztlichen Diagnose durch intelligente bots oder bei einer OP durch Robo-Chirurgen) grundlegende Herausforderungen für das vertragliche und deliktische Haftungssystem auf.

Fragen wie diese werden in diesem Seminar behandelt. Es richtet sich inhaltlich insbesondere an Studierende der Schwerpunktbereiche 1 (Europäisches und Internationales Privatrecht und seine historischen Grundlagen) und 8a (Recht der Digitalisierung), steht aber Studierenden anderer Schwerpunktbereiche in gleicher Weise offen. Das Seminar behandelt schließlich eine sehr examensrelevante Thematik des Pflichtfachbereichs im Zivilrecht, nämlich den neuen Regelungskomplex für Verträge über digitale Produkte (§§ 327 ff. BGB) und den unionsrechtlichen Hintergrund. Eigene Vorschläge für Themen können sehr gerne mit der Anmeldung per E-Mail eingereicht werden; selbstverständlich sind wir gerne bei der Themenfindung und -eingrenzung behilflich. Alternativ ist eine Auswahl aus folgenden Beispielthemen möglich, die ebenso als Orientierungshilfe dienen können:

1. „Dienste gegen Daten“
Geschäftsmodelle, bei denen Dienste gegen die Überlassung von Kundendaten angeboten werden (z. B. Google, Facebook, Twitter), gehören mittlerweile zum Kernbestand der digitalen Wirtschaft. In rechtlicher Hinsicht bewegen sich diese Rechtsgeschäfte in einem Schnittbereich zwischen Datenschutzrecht und allgemeinem Privatrecht. Die Möglichkeiten und Grenzen der Verwendung personenbezogener Daten als (synallagmatische?) Gegenleistung im Vertragsrecht sowie die Ausübung datenschutzrechtlicher Betroffenenrechte auf das rechtliche Schicksal sind noch keineswegs abschließend geklärt. Siehe zB Mischau ZEuP 2020, 335 ff.

2. „Die Sanktionierung von Datenschutzrechtsverstößen durch Schadensersatzansprüche nach Art. 82 DS-GVO und ihr Verhältnis zu anderen Methoden der Rechtsdurchsetzung im autonom-nationalen Recht.“
Siehe hierzu u.a. Hellgardt, ZEuP 2022, 7 ff.

3. „Aktualisierungen und andere digitale Dauerleistungen“
Ein Kernstück des Vertragsrechts für digitale Produkte sind die Regelungen über Aktualisierungen („updates“), die im Endeffekt dazu führen können, dass der Händler auch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist für Mängel der Ware mit digitalen Elementen, der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen einzustehen hat. Klärungsbedürftig ist u.a. die Abgrenzung zwischen objektiv geschuldeten updates und upgrades, die Einhaltung datenschutzrechtlicher Anforderungen, die Zulässigkeit von „Zwangsaktualisierungen“, die Haftung für mangelhafte Aktualisierungen sowie der Zusammenhang zwischen Aktualisierungspflichtverletzungen und den Regelungen zur Beweislastumkehr (§ 477 BGB, § 327k BGB). Siehe hierzu u.a. Kumkar, ZfPW 2020, 305, 315 ff.

4. „Die Integration des Regelungskomplexes der §§ 327 ff. BGB in die Schuldvertragsdogmatik des deutschen BGB“

4. „Der Mangelbegriff bei Verträgen über digitalen Produkte“

5. „Das System der Gewährleistung für mangelhafte digitale Produkte“

6. „Zum Systembegriff der „Bereitstellung“ digitaler Produkte (§ 327b BGB) und den Rechten des Verbrauchers bei unterbliebener Bereitstellung (§ 327c BGB)“

7. „Beweislast und Verjährung im neuen Digitalvertragsrecht“

8. „Verträge über digitale Produkte im B2B-Verkehr“

9. „Der Regress in der (grenzüberschreitenden) Vertriebskette bei Verträgen über digitale Produkte"

10. „Haftung von Online-Marktplätzen in der vertraglichen Beziehung und beim Vertragsschluss zwischen ihren gewerblichen Nutzern und Kunden“

11. „Streitbeilegungsmechanismen in der P2B-Verordnung“

12. „Der Vertragsschluss „machine to machine“ – Rechtsfragen der Willensübereinstimmung, der Willensmängel und der Stellvertretung“

13. „Verhaltens- und Wissenszurechnung beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz im vertraglichen und deliktischen Bereich“

14. „Autonome Sanktionsmechanismen bei Verletzung vertraglicher Pflichten („self-executing contracts“)“

15. „Verantwortlichkeit für Künstliche Intelligenz: Überlegungen zur Zuweisung der Risiken des Einsatzes autonomer Systeme de lege lata und de lege ferenda"; siehe hierzu zB Wagner, VersR 2020, 717.

Die Anmeldung erfolgt per E-Mail an frederick.rielaender@uni-osnabrueck.de bis möglichst zum 7. April 2022; bitte geben Sie dabei Ihren Themenwunsch an. Die schriftlichen Ausarbeitungen sollen ca. 20-25 Seiten (ohne Verzeichnisse) umfassen. Die Präsentationen finden zu Beginn der vorlesungsfreien Zeit in den Räumlichkeiten der Universität statt; Einzelheiten werden noch bekannt gegeben. Eine Vorbesprechung wird online am 8. April 2022 um 17.00 Uhr abgehalten werden; nähere Informationen werden hierzu in Kürze bekannt gegeben.

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!

Weitere Angaben

Ort: nicht angegeben
Zeiten:
Erster Termin:
Veranstaltungsart: Seminar (Offizielle Lehrveranstaltungen)

Studienbereiche

  • Rechtswissenschaft > Zivil- und Zivilverfahrensrecht